Personendosimetrie – Was besagt die Tiefenpersonendosis?

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Wer sich in einem Strahlenschutzbereich aufhält, unterliegt nach deutschem Strahlenschutzrecht der Pflicht zur amtlichen Personendosimetrie. Für die erforderliche Abschätzung der effektiven Dosis kommt bei Personen, die in der Medizin tätig sind, das Ganzkörperdosimeter zur Ermittlung der Tiefenpersonendosis HP (10) zum Einsatz. Anwender sollten wissen, mit welcher Aussagekraft.

Im Überwachungsbereich besteht eine nur geringe Ortsdosis. Aus diesem Grunde müssen im Überwachungsbereich keine persönlichen Strahlenschutzmittel getragen werden. Dadurch, dass hier der gesamte Körper ohne spezifischen Strahlenschutz ist, kann das Ergebnis der singulären Messung an einer Stelle mit der potenziell höchsten Exposition immer als repräsentativ und zugleich als Worst-case-Betrachtung angesehen werden.

Anders ist die Situation im Kontrollbereich. In Röntgenräumen bzw. dem Kontrollbereich im Röntgen ist der Einsatz von persönlichen Strahlenschutzmitteln verpflichtend vorgeschrieben, wodurch jedoch lediglich ein Mindestschutz gewährleistet ist. Zusätzlich können je nach Einsatzszenario weitere Schutzmittel wie der obere oder untere Dauerschutz sinnvoll sein und die Exposition des Anwenders weiter reduzieren.

Anwender stellen in Anbetracht dieser heterogenen Messbedingungen zurecht die Frage, welche Aussagekraft die mit dem Ganzkörperdosimeter ermittelte Tiefenpersonendosis HP (10) hat.

Die Messung mit dem Ganzkörperdosimeter, das unter der Strahlenschutzschürze parasternal oder auf Hüfthöhe getragen wird, soll eine Abschätzung der effektiven Dosis darstellen. Sie kann jedoch nur dann als realistisch angenommen werden, wenn keine Organe mit höherem Beitrag zur effektiven Dosis von persönlichen Schutzmitteln unbedeckt bleiben, also neben der Schürze auch ein Schilddrüsenschutz getragen wird und sichergestellt ist, dass die Schürze nicht nur hinsichtlich der Größe passt, sondern auch adäquat angelegt wird. Bei Schürzen, die frontal geschlossen werden, ist auf die ausreichende Überlappung zu achten.

Zu beachten ist im Übrigen, dass HP (10) eine gute Abschätzung der effektiven Dosis liefern kann, ohne dass deshalb alle Gefahren ausreichend detektiert sind. Sind nämlich einzelne Organe situationsbedingt einer deutlich höheren Exposition ausgesetzt, als der übrige geschützte Körper, dann entgeht dies der Messung von HP (10). Können die Organe einer so hohen Exposition ausgesetzt sein, dass der entsprechende Organdosisgrenzwert überschritten werden könnte, muss deshalb an dem betroffenen Organ eine zusätzliche Organdosimetrie vorgenommen werden.

Die Augenlinsen können durch den oberen Dauerschutz, also die flexibel positionierbare Bleiakrylscheibe, ein Visier oder eine Bleiglasbrille gut geschützt werden. Eine regelmäßige Messung der Augenlinse ist deshalb in der Regel nicht nötig. Wer aber eine Abschätzung der Augenlinsendosis vornehmen möchte, kann dies recht einfach tun. Die Personendosismessstellen stellen dafür Thermolumineszenzdetektoren mit speziellen Befestigungsmöglichkeiten bereit.

Besonders gefährdet und nur bedingt zu schützen sind die Hände, die in der Nuklearmedizin mit dem Nuklid hantieren und sich bei interventionell-radiologischen Verfahren nahe der Streustrahlenquelle „Patient“ befinden. Die Hände können in diesen Situationen trotz geringer Tiefenpersonendosis erheblich exponiert sein. Zur Abschätzung der Hautdosis der Hände sollten bei entsprechender Tätigkeit Fingerringdosimeter eingesetzt werden.

Ein geringer Dosiswert bei der Ermittlung von HP (10) ist also in Abhängigkeit von der Expositionssituation zu interpretieren und kann nicht generell als Bestätigung eines umfassend wirksamen Strahlenschutzes angesehen werden.

Aus diesem Grunde ist in der Schweiz für Tätigkeiten mit höherer Exposition des medizinischen Personals – insbesondere bei interventionellen Tätigkeiten – das Tragen gleich mehrerer Dosimeter vorgeschrieben: Das Ganzkörperdosimeter zur Erfassung der HP (10) wird – ebenso wie in Deutschland – unter der Schürze getragen. Einen Anhalt für die Augenlinsendosis soll ein zweites Dosimeter bieten, das über der Schürze getragen wird und dort HP (0,07) – die „Oberflächen-Personendosis“ ermittelt und für die Abschätzung der Hautdosis der Hände wird ergänzend das Fingerringdosimeter gefordert.

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