E-Learning - ein Diskurs

Die digitale Agenda der Bundesregierung macht es deutlich:„Die Digitalisierung bietet große Potenziale.“ Um die digitalen Medien in der beruflichen Bildung zu stärken wurde eigens ein Förderprogramm aufgelegt – neben vielen, bereits bundesweit bestehenden Förderprojekten der Länder(1).

Peters schrieb bereits im Jahre 1999:„Bei der Frage, ob wir ... für das selbstgesteuerte Lernen plädieren, so handelt es sich dabei nicht etwa um eine Banalität, ... sondern angesichts der auf uns zukommenden gesellschaftlichen und kulturellen Probleme schlicht um eine Massnahme zur Abwendung von Notständen.“(2)

Ob in der beruflichen Weiterbildung oder dem Studium; das e-Learning ist längst zum festen Bestandteil in der schulischen und beruflichen Bildung geworden. Gründe gibt es genug: Der vermehrte Einsatz hängt natürlich am technischen Fortschritt und den Möglichkeiten – die Voraussetzung für moderne, elektronisch gestützte Lernformen. Doch kann allein die Möglichkeit den Einsatz einer Methode kaum begründen.

Für den Einsatz in der Praxis müssen weitere Vorteile bedeutsam sein: War der Fernunterricht vor Jahren allein aus technischen Gründen noch von Texten beherrscht, die vom Lernenden zu lesen waren, ist es heute mehr und mehr ein multimedialer Content, der zum Einsatz kommt. Die Methode dürfte den Einsatz beflügeln. Multimedial lassen sich Lerninhalte anschaulicher und damit leichter verständlich darstellen. Das reduziert nicht nur die notwendigen Lernkapazitäten. Über die multimediale und damit breitbandige Ansprache wird sogar eine Steigerung von Interesse und Motivation zu erwarten sein, was sich wiederum in einem besseren Lernerfolg mit stabilerer Verknüpfung des Gelernten und einer größeren Nachhaltigkeit auswirken wird.

In einer Studie von Syring et al. wurde deutlich, dass Videos gegenüber Texten zwar zu einer größeren kognitiven Belastung, zugleich aber auch zu einer stärkeren Immersion (stofflichen Eintauchen) und einer größeren Motivation führen(3).

Positive Auswirkungen auf die Motivation dürfte beim e-Learning aber auch schon allein die Flexibilisierung des Lernens haben: Dann selbstbestimmt lernen zu können, wann es zeitlich passt, wenn der Wert der (Frei)Zeit geringer angesetzt und folglich der Verlust geringer bemessen wird, wenn insgesamt die Bereitschaft der inhaltlichen Auseinandersetzung groß ist; all das sind Aspekte, die von Seiten des Teilnehmers für das e-Learning sprechen und im Sinne des Lernerfolgs auch dem Arbeitgeber wichtig sein sollten.

Derr et al. haben in einer Untersuchung an Studenten nachweisen können, dass selbst die alleinige Nutzung von e-Learning-Angeboten ohne Präsenzphase zu einer deutlichen Verbesserung der Leistungen führen kann(4).

Zuweilen wird in Frage gestellt, dass Personen mit nicht-akademischen Bildungsabschlüssen oder geringen Vorkenntnissen vom Einsatz des e-Learning profitieren können. Gerade diese Annahme wurde jedoch bereits mehrfach widerlegt.

Todd et al. setzen sich mit dem Problem der heterogenen Ausgangssituation der Lernenden in der Gruppe auseinander und führten dazu eine Studie an medizinischem Personal durch. Sie konnten aufzeigen, dass e-Learning gerade in solchen Konstellationen, die für den Qualifikationserwerb und den Qualifikationserhalt im Strahlenschutz typisch sind, besondere Vorteile aufweist. Während der traditionelle Gruppenunterricht nur bei relativ homogenen Voraussetzungen funktioniere, sei E-Learning nicht mehr dieser Restriktion unterworfen. Dies gilt insbesondere beim Einsatz von multimedialem Content(5)

Die WHO beauftragte das Imperial College London, eine Studie zum „e-learning for undergraduate health professional education“ durchzuführen. Auch hier war das Ergebnis eindeutig: Online-basiertes e-Learning im Hinblick auf das erworbene Wissen und die erworbenen Fähigkeiten ist zumindest gleich gut oder sogar effektiver als traditionelles Lernen(6).

Der Arbeitgeber profitiert jedoch nicht nur durch eine Verbesserung des Lernerfolgs. Gerade im Gesundheitswesen, in dem aufgrund des enormen Wissenszuwachses ein großer Fortbildungsbedarf besteht, ist es erforderlich, diesem nicht nur ressourcenschonend, sondern auch so nachzukommen, dass fortwährend die notwendige Dienstbesetzung sichergestellt ist. Durch die zeitliche Entkoppelung des Lernenden vom Lehrenden und die Reduzierung der Präsenzphase werden die negativen Ressourcenauswirkungen minimiert.

Allgemeine gesellschaftliche Aspekte wie der demographische Wandel, die Arbeitsverdichtung und die damit einhergehende Minderung frei verfügbarer Dozenten sind im Übrigen auch zu bedenken.

In einem Aufsatz des der Academic Medicine, die durch die Association of American Medical Colleges herausgegeben wird, heißt es, dass e-Learning effizienter ist, weil den Lernenden Wissen, Fähigkeiten und Einstellungen schneller als mit traditionellen Lehrmethoden zugänglich gemacht werden. Diese Effizienz wird auf eine bessere Motivation und eine bessere Nutzung des angebotenen Lehrstoffs zurückgeführt.(7)

e-Learning auch in Strahlenschutzkursen einzusetzen ist insofern zweifelsohne sinnvoll. Doch zu welchem Anteil?

Die ccm-Campus hat alle ihre Kurse primär mit einem Anteil von 70 % e-Learning konzipiert und konnte die Kurse zunächst so auch einsetzen. Zwischenzeitlich wird das e-Learning bei Strahlenschutzkursen auf Grundlage eines Erlasses des Bundesministeriums für Umwelt jedoch auf 50 % begrenzt -pauschal.

Das ist nicht sinnvoll. Zunächst kann keine allgemein gültige Regel aufgestellt werden kann, wonach bspw. Präsenzunterricht dem e-Learning überlegen sei oder umgekehrt(7). Sehr wohl aber gibt es ausreichend Studien, die belegen, dass es mehr und weniger erfolgreiche Schulungsdesigns und unterschiedlich wirkungsvolle Medien und Methoden gibt - unabhängig von der Klassifizierung nach traditionellem Präsenzunterricht und e-Learning.

Die ccm-Campus orientiert sich an wissenschaftlichen Erkenntnissen und setzt ganz unterschiedliche Methoden und Medien ein, um für den jeweiligen Stoff den optimalen Transportweg zu nutzen, unterschiedlichen Lerntypen gerecht zu werden und durch wechselnde Beanspruchung und Abwechslung der Methoden die Motivation zu steigern.

Methodische Werkzeuge sind:

  • der Wissenschaftsfilm,
  • Texte, teils als Lückentexte mit Zuweisungsfunktion,
  • Bilder mit Begriffszuweisungen,
  • Skripte,
  • Übungsfragen mit weitreichender Korrektur- und Erläuterungsfunktion,
  • das Glossar und
  • die Möglichkeit, per eMail Fragen zustellen.

Im Hinblick auf die grundsätzlich unterschiedlichen didaktischen Designansätze, die sich daraus ergebenden Möglichkeiten des Lernens und der resultierenden Lernsituationen des Einzelnen ist eine allgemeine Begrenzung des e-Learning in Strahlenschutzkursen wissenschaftlich nicht zu begründen. Im Sinne des erforderlichen Lernerfolgs ist es jedoch durchaus sinnvoll, sowohl e-Learning-Konzepte, als auch reine Präsenzkurse genau zu prüfen.

Die Kurse der ccm-Campus wurden in den unterschiedlichen Konzepten

  • als staatlich anerkannte Strahlenschutzkurse genehmigt
  • von der staatlichen Zentralstelle für Fernunterrichts genehmigt (Kurse mit mehr als 70 % e-Learning) und
  • nach den Qualitätskriterien e-Learning der Bundesärztekammer zertifiziert.

Literatur:
(1) Kleimann, B., Wannemacher. K. (2004). Von der Projektentwicklung zur nachhaltigen Implementierung. Hochschulplanung Band 165. HIS Hochschul-Informations-System GmbH; Bericht gefördert vom BM für Bildung und Forschung (Förderkennzeichen: 01NM168)
(2) Peters, O. (1999): «Auf dem Weg zum selbstgesteuerten Lernen.» Hagen. Im Internet Perspektiven im deutschen Markt.» Berlin. Im Internet unter: ‹http://www.berlecon. unter: ‹http://www.fernuni-hagen.de/ZIFF/kurslist.htm›
(3) Marcus Syring, Thorsten Bohl, Marc Kleinknecht, Sebastian Kuntze, Markus Rehm & Jürgen Schneider (2015): Videos oder Texte in der Lehrerbildung? Effekte unterschiedlicher Medien auf die kognitive Belastung und die motivational-emotionalen Prozesse beim Lernen mit Fällen. Springer Fachmedien: Wiesbaden
(4) Katja Derr, Reinhold Hübl, Tatyana Podgayetskaya (2015): Formative Evaluation und Datenanalysen als Basis zur schrittweisen Optimierung eines Online-Vorkurses Mathematik. In Nicolae Nistor, Sabine Schirlitz (Hrsg.). Digitale Medien und Interdisziplinarität. Waxmann http://2015.gmw-online.de/186/
(5) Todd P. Chang, Sheree M. Schrager, Alyssa J. Rake, Michael W. Chan, Phung K., Pham, Grant Christman (2016). The effect of multimedia replacing text in resident clinical decision-making assessment. Adv in Health Sci Edu; DOI 10.1007/s10459-016-9719-0
(6) Najeeb Al-Shorbaji, Rifat Atun, Josip Car, Azeem Majeed, Erica Wheeler (2015), E-learning for undergraduate health professional education, Imperial College London, World Health Organization, S. 63.
(7) Ruiz/Mintzer/Leipzig, The Impact of E-Learning in Medical Education, Academic Medicine, Vol. 81, No. 3, March 2006, S. 208.
(8) T. L. Russell 1999. The no significant difference phenomenon as reported in 355 research reports, summaries and papers: A comparative research annotated bibliography on technology for distance education. North Carolina State University: Office of Instructional Telecommuni- cations.