Rechtfertigende Indikation

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Die rechtfertigende Indikation ist ein Rechtsbegriff. Sie ist die zwingende Voraussetzung, um an einem Menschen lege artis ionisierende Strahlen anwenden zu dürfen. Zum Stellen der rechtfertigenden Indikation sind Voraussetzungen zu erfüllen. Dazu gehört u.a. die entsprechende Qualifikation des Arztes oder Zahnarztes, der die rechtfertigende Indikation stellt.

Die rechtfertigende Indikation ist ein Rechtsbegriff, der sowohl in der europäischen Grundnorm, als auch dem deutschen Strahlenschutzrecht, bspw. in § 83 des Strahlenschutzgesetzes zu finden ist und für die Medizin definiert wird als: „Die Anwendung darf erst durchgeführt werden, nachdem ein Arzt oder Zahnarzt mit der erforderlichen Fachkunde im Strahlenschutz entschieden hat, dass und auf welche Weise die Anwendung durchzuführen ist (rechtfertigende Indikation).“

Die klinische Röntgenanforderung eines nicht fachkundigen Arztes stellt somit keine rechtfertigende Indikation, sondern allenfalls eine medizinische Indikation dar. Dass die klinischen Informationen in die rechtfertigende Indikation und als klinische Angaben in den Befund einfließen, ist davon unbenommen.

In § 83 StrlSchG heißt es also sinngemäß:

  • Röntgenstrahlen dürfen in der Medizin und Zahnmedizin nur nach dem Stellen der rechtfertigenden Indikation angewendet werden.
  • Die rechtfertigende Indikation erfordert bei Anwendungen im Rahmen einer medizinischen Exposition die Feststellung, dass der gesundheitliche Nutzen der einzelnen Anwendung gegenüber dem Strahlenrisiko überwiegt. Dabei sind andere Verfahren, insbesondere solche mit geringerer Exposition zu berücksichtigen.
  • Der Arzt, der die rechtfertigende Indikation stellt, muss den Patienten vor Ort untersuchen können (ausgenommen: Teleradiologie nach § 14 Abs. 2).

    Anmerkung: Aus Sicht des Autors muss sich der Arzt zumindest selbst ein Bild vom Patienten machen. Er kann also nicht nach Aktenlage oder auf „Zuruf“ entscheiden. Eine Indikation auf „Zuruf“ mit dem Hinweis, man habe den Patienten zwar untersuchen können, aber darauf verzichtet, wäre vergleichbar mit einer teleradiologischen Anforderung, die ganz andere Rahmenbedingungen erfordert.

  • Der Arzt, der die rechtfertigende Indikation stellt, muss ggf. von anderen Ärzten alle für seine Entscheidung relevanten Informationen einholen.
  • Bei gebärfähigen Frauen ist zu klären, ob eine Schwangerschaft besteht oder bestehen könnte. Bei bestehender oder nicht auszuschließender Schwangerschaft ist die Dringlichkeit der Anwendung besonders zu prüfen.

Spannend ist die Frage, wer wofür verantwortlich ist, wenn schlechte oder unzureichende klinische Angaben zu einer unnötigen Röntgenuntersuchung geführt haben.

Strahlenschutzrechtlich bleibt immer der Arzt in der Verantwortung, der die rechtfertigende Indikation stellt. Er muss Informationen einholen, abwägen, entscheiden ... und die Strahlenanwendung rechtfertigen. Haftungsrechtlich könnte die Situation komplizierter sein, wobei es letztlich immer auf den Einzelfall ankommen wird. Dabei wird von wesentlicher Bedeutung sein, welche Erfahrung die beteiligten Ärzte vorweisen konnten und ob sie ausreichende Sorgfalt haben walten lassen. So wird der Arzt, der die rechtfertigende Indikation stellt, die Angaben eines gerade approbierten Arztes sicherlich stärker hinterfragen müssen, als jene eines erfahrenen Kollegen.

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