Das Strahlenschutzgesetz

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Bis Ende 2018 wurde das Strahlenschutzrecht in Deutschland neu strukturiert. Initiiert wurde die Maßnahme durch die am 6. Februar 2014 in Kraft getretene Richtlinie 2013/59/Euratom. Mit dieser Richtlinie wurde der Strahlenschutz unter Berücksichtigung wissenschaftlicher Erkenntnisse gestärkt. Dazu gehört auch der Schutz vor Radon. Außerdem wird nun auch national zwischen geplanten, bestehenden und notfallbedingten Expositionssituationen unterschieden. Zur nationalen Umsetzung wurde am 27. Januar 2017 vom Bundeskabinett das Strahlenschutzgesetz beschlossen. Am 31.12.2018 trat zudem die Strahlenschutzverordnung in Kraft.

Das Strahlenschutzrecht war über viele Jahre für die Anwendungsgebiete in der Medizin von Röntgenverordnung (RöV) und Strahlenschutzverordnung (StrlSchV) geprägt. Mit dem Inkrafttreten des Strahlenschutzgesetzes ("Gesetz zur Neuordnung des Rechts zum Schutz vor der schädlichen Wirkung ionisierender Strahlung") haben diverse Gesetze Änderungen erfahren (das Atomgesetz, das Weingesetz, das Lebensmittel- und Futtergesetzbuch u.v.m.). Vor allem aber wurden Röntgen- und Strahlenschutzverordnung hinfällig. Inhalte finden sich entweder im Strahlenschutzgesetz wieder oder sie werden in der umfassenden Strahlenschutzverordnung ("Verordnung zur weiteren Modernisierung des Strahlenschutzrechts") neu geregelt. Manche Richtlinie, die bisher unter RöV und StrlSchV angesiedelt war, wird auf Verordnungsniveau gehoben, andere werden neu gefasst. Dies ist bspw. hinsichtlich der Qualifizierungsvorgaben gegeben.

Schade erschien zunächst, dass mit der Zusammenfassung aller Anwendungsgebiete ionisierender Strahlen, von der Medizin über die Industrie bis hin zur Nuklearwirtschaft gerade für die medizinischen Anwender nicht mehr die für sie wesentlichen Bestimmungen hintereinander weg strukturiert in einem Regelwerk aufgeführt sind. Konnte man bisher bspw. die Röntgenverordnung als Leitfaden für ein Qualitätsmanagementsystem lesen, muss der medizinische Anwender jetzt inhaltlich "springen", da im Strahlenschutzgesetz auch Regeln aufgeführt sind, die für ihn nicht relevant sind.

Hilfreich ist allerdings die "Anatomie" von Strahlenschutzgesetz und Strahlenschutzverordnung. Beide sind Themen-analog in 5 Kapitel aufgeteilt. Für die Röntgendiagnostik ist das Kapitel 2 "Strahlenschutz bei geplanten Expositionen" entscheidend.

Auch wenn sich in der Struktur des Rechtssystems Strahlenschutz viele Änderungen ergeben, bleibt doch für die medizinischen Anwender inhaltlich vieles gleich.

Die Strahlenschutzorganisation mit Strahlenschutzverantwortlichem (SSV) und Strahlenschutzbeauftragtem (SSB) bleibt erhalten. Neu ist der explizit aufgeführte Kündigungsschutz für den SSB.

Der Medizinphysikexperte bekommt im Strahlenschutzgesetz eine größere Bedeutung und auch in der Diagnostik einen festen Platz. Zu seinen Aufgaben gehört es, bereits bei der Planung und später beim Einsatz von Verfahren mit höherem Dosisbedarf, allen voran bei der Computertomographie und Interventionen, beratend tätig zu werden. Dazu gehört es auch, Messungen durchzuführen.

Über die ohnehin bestehenden Diagnostischen Referenzwerte hinaus wird ein Benchmark auch bei Untersuchungen mit höherem Dosisbedarf aber wohl noch nicht gefordert. Dabei wären gerade diese konkreten Vergleiche innerhalb einer Abteilung und zwischen unterschiedlichen Krankenhäusern sinnvoll, weil sie in der Praxis ansetzen und konkret verdeutlichen können, welches Potenzial zur Dosisoptimierung noch besteht. Hier wird also der Anwender selbst gefordert sein, aktiv zu werden.

Bereits seit langem absehbar war die Änderung des Grenzwertes für die Augenlinsendosis beruflich strahlenexponierter Personen auf 20 mSv pro Jahr (vorher 150 mSv). Eine Pflicht zur individuellen dosimetrischen Überwachung besteht erst ab 15 mSc pro Jahr, die in der Medizin üblicherweise nicht erreicht werden. Mit Bleiglasscheibe, Strahlenschutzbrille oder -visier ist es kein Problem, den Grenzwert einzuhalten. Auch in der Hisnicht ist die Beratung des Medizinphysikexperten hilfreich.

Gab es bisher ungenutzte Möglichkeiten bei der Verbesserung des Strahlenschutzes, so lag es sicherlich nicht an einer unzureichenden Gesetzeslage. Auch mit den bisherigen Gesetzen und Verordnungen war die Bundesrepublik gut aufgestellt. Das Problem ergab und ergibt sich üblicherweise in der Praxis. Für eine zuverlässige Umsetzung der Strahlenschutzgrundsätze und neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse sind die thematische Sensibilisierung, das inhaltliche Verständnis und das Know how zur Realisierung in der Praxis erforderlich. Vermeintliches Wissen ohne tiefgehendes und vernetztes Verständnis genügt eben nicht. Es bleibt dabei: die Qualifizierung des Personals und Fortbildungen sind ein wichtiger Baustein für die Realisation des gewünschten Strahlenschutzes.

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