Micro-dose mit EOS - Röntgenaufnahmen bei der Skoliosetherapie

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Gerade bei Kindern mit idiopathischer Skoliose ist im Rahmen der Korsettversorgung die wiederholte Bildgebung erforderlich. Mit EOS steht ein Verfahren zur Anfertigung von Röntgenscanns der Wirbelsäule in 2 Ebenen zur Verfügung, mit dem einer Studie zufolge die effektive Dosis um über 95 % reduziert werden kann. Sollte EOS nicht zur Verfügung stehen, sollte bei konventionellen Systemen kritisch geprüft werden, wie weit zur ausschließlichen Kontrolle des Skolioseverlaufs auf Bildqualität verzichtet und die Dosis reduziert werden kann.

Goldstandard für die Diagnose und die Vermessung der idiopathischen Skoliose bei Kindern ist die Bestimmung des Cobb-Winkels, der die seitliche Ausbiegung der Wirbelsäule wiederspiegelt.

Je nach Typ der Skoliose und ggf. zusätzlicher Torsion und Hyperkyphose erfolgt ab etwa 20 Grad eine Korsettversorgung.

Bereits im Rahmen der initialen Diagnostik und dann im weiteren Verlauf der Therapie und der Therapiekontrolle ist die Überprüfung der Wirbelsäulenkrümmung erforderlich. Zwar gibt es optische Systeme zur 3D-Wirbelsäulenvermessung, die sich an definierten Punkten der Körperoberfläche (Oberflächentopographie) orientieren, doch können in der Darstellung erhebliche Abweichungen zur tatsächlichen Form der Wirbelsäule entstehen. In einer Studie von Knott et al. wurde ein durchschnittlicher Unterschied im Krümmungsgrad von 5,8 Grad im Bereich der Brustwirbelsäule und von 8,8 Grad im Bereich der Lendenwirbelsäule zwischen der oberflächengestützten Cobb-Winkel-Schätzung und der radiographischen Messung festgestellt(1).

Eine Haltungsüberprüfung im Korsett ist im Übrigen nur radiologisch möglich. Sie ist wichtig, um das Ansprechen der Wirbelsäule auf den äußeren Druck und somit die reale Wirkung der Korsettversorgung kontrollieren zu können.

Problematisch bei der Röntgenaufnahme der Wirbelsäule und des Beckens ist die Exposition von weiten Teilen des roten Knochenmarks in Sternum, Wirbelsäule und Beckenskelett und - gerade bei weiblichen Patienten - die Exposition der Brustdrüse und der Ovarien. Diese sind gerade bei Heranwachsenden bedeutsam. In den Empfehlungen der Strahlenschutzkommission wird von einem 3 bis 4fach höheren Strahlenrisiko bei Kindern gegenüber Erwachsenen ausgegangen, weshalb gerade bei ihnen über Möglichkeiten der Dosiseinsparung nachzudenken ist.

In einer Studie von Hui et al. aus dem Jahre 2016(2) wurde die Dosis der Untersuchung mit dem EOS-System und einem standardmäßigen digitalradiographischem System (DR) verglichen. Mittels Thermolumineszenzdetektoren (TLD´s) wurden in drei Regionen (Strenumoberrand, Mitte zwischen den Brustwarzen, Symphyse) die Eintrittsdosis gemessen. Mit dem Dosisanalyseprogramm PCXMC 2.0 wurden anschließend die effektive Dosis sowie die Organdosen der Schilddrüse, der Lunge und der Gonaden kalkuliert.

Wie bereits in der Studie von Zarghooni et al. aus dem Jahre 2011(3) zeigt sich auch in der Studie von Hui aus dem Jahre 2016 ein deutlicher Dosisunterschied der Verfahren. Die effektive Dosis belief sich mit EOS auf 2,6 +/- 0,5 uSv, die mit DR auf 67,5 +/- 23,3 uSv. Mit dem EOS ist die effektive Dosis demnach um mehr als 95 % reduziert und auch die Organdosen sind erheblich geringer als mit DR. Bei weiblichen Patienten ist die Dosis bei beiden Verfahren am höchsten mit folglich stärkster Reduzierung der absoluten Dosis bei diesem Klientel.

Es sollte also gerade bei notwendigen rezidivierenden Aufnahmen der Wirbelsäule vor allem bei Kindern mit idiopathischer Skoliose über den Einsatz von EOS zur Reduzierung der Exposition nachgedacht werden.

Nicht unüblich sind bei Kindern in der Korsettversorgung 3 Aufnahmen innerhalb eines Jahres einschließlich einer Kontrolle im Korsett. Mit der konventionellen digitalen Radiographie summiert sich die Dosis eines Jahres auf ca. 200 +/- 70 uSv; mit EOS auf 7,5 +/- 1,5 uSv.

Bei Behandlungszeiträumen von nicht selten 7 bis 8 Jahren stehen in der Summe ca. 1,6 mSv mit DR etwa 0,06 mSv mit EOS gegenüber. Zum Vergleich: Die jährliche natürliche Strahlenexposition pro Jahr beträgt zwar etwas über 2 mSv, jedoch ohne besondere Exposition einzelner Organe. Bedenkt man eine Erhöhung des Krebsrisikos nach kardiologischen Interventionen bei üblicherweise älteren Patienten um 3 % / 10 mSv(4), dann ist bei Kindern auch eine lokale Exposition, die zu einer Dosis von 1,6 mSv führt, nicht zu vernachlässigen.

Sollte kein EOS-System zur Verfügung stehen, so sollte die Dosis in der DR-Aufnahme bei der Kontrolle immerhin soweit wie möglich reduziert werden. Wenn die Feindiagnostik keine Rolle spielt, genügen auch Aufnahmen mit erheblich reduziertem Signal-Rausch-Verhältnis.

(1) Knott et al. Multicenter Comparison of 3D Spinal Measurements Using Surface Topography With Those From Conventional Radiography. Spine Deform. 2016 Mar; 4(2):98-103. doi: 10.1016/j.jspd.2015.08.008. Epub 2016 Feb 2.
(2) Hui et al. Radiation dose of digital radiography (DR) versus micro-dose x-ray (EOS) on patients with adolescent idiopathic scoliosis: 2016 SOSORT- IRSSD "John Sevastic Award" Winner in Imaging Research. Scoliosis Spinal Disord. (2016) 2016Dec 29;11:46. doi: 10.1186/s13013-016-0106-7. eCollection 2016.
(3) Zarghooni et al. Die 3D-Röntgenvermessung der Wirbelsäule mittels EOS: Vorstellung, Möglichkeiten und Grenzen der neuartigen Technik im klinischen Alltag. Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie. Berlin, 25.-28.10.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. DocPO11-1363
(4) Eisenberg et al. Cancer risk related to low-dose ionizing radiation from cardiac imaging in patients after acute myocardial infarction. (2011) CMAJ. 2011 Mar 8;183(4):430-6. doi: 10.1503/cmaj.100463. Epub 2011 Feb 7.

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